Innovative Fertigung von Fahrzeugteilen im WAAM-Verfahren
Wire Arc Additive Manufacturing (WAAM) ermöglicht metallische Bauteile mit optimalem Verhältnis von Steifigkeit und Gewicht.
Die BMW Group hat an ihrem „Additive Manufacturing Campus“ in Oberschleißheim einen „heißen Draht“ zu einem innovativen additiven Fertigungsverfahren für metallische Fahrzeugkomponenten und Werkzeuge. Beim Wire Arc Additive Manufacturing (WAAM) wird als Ausgangsmaterial ein Draht (Wire), etwa aus Aluminium, durch einen Lichtbogen (Arc) zum Schmelzen gebracht. Ein Roboter legt softwaregesteuert viele Schweißnähte akkurat aufeinander, bis das komplette Bauteil fertiggestellt ist. Weil durch den „Druck“ Lage für Lage nicht auf die Entformbarkeit aus einem Werkzeug geachtet werden muss, sind auch hohle Strukturen mit einem optimalen Verhältnis zwischen Steifigkeit und Gewicht möglich. Dadurch können die Komponenten leichter und steifer ausfallen als vergleichbare Teile, die aktuell in der Serie etwa im Druckguss gefertigt werden. Zudem lassen sie sich durch einen geringeren Energiebedarf sowie weniger Materialabfall nachhaltiger produzieren, so BMW. Perspektivisch ist ein Einsatz von Bauteilen, die im WAAM-Verfahren gefertigt wurden, in Serienfahrzeugen des Autokonzerns vorgesehen.
WAAM – für große Komponenten besonders geeignet
Durch die große Breite und Höhe einer einzelnen Schweißnaht können Bauteile durch WAAM besonders schnell hergestellt werden. Im Unterschied zu dem in der BMW-Gruppe bereits in der Prototypen- und Kleinserienfertigung verwendeten Laserstrahlschmelzen eignet sich WAAM besonders für größere Komponenten. Die typischen Wandstärken passen gut zu Komponenten in den Bereichen Karosserie, Antrieb und Fahrwerk. Aber auch Werkzeuge und Vorrichtungen lassen sich in diesem Hightech-Verfahren herstellen, das auch in der Luftfahrtindustrie eingesetzt wird.
Entwicklung am AM-Campus
Die BMW Group erprobt dieses Verfahren am „Additive Manufacturing Campus“ in Oberschleißheim, wo sie die Produktion, Forschung und Weiterbildung in diesem Bereich unter einem Dach gebündelt hat. Das Unternehmen ist mit mehr als 30 Jahren Erfahrung ein Vorreiter im Bereich des allgemein als 3D-Druck bekannten Additive Manufacturing.
Seit 2015 beschäftigt sich BMW mit dem WAAM-Verfahren, das auf dem Auftragsschweißen basiert. Seit 2021 wird dort eine WAAM-Zelle für die Fertigung von Erprobungsbauteilen genutzt. Eine der Beispielanwendungen ist eine Federbeinstütze, die in ausgiebigen Testläufen auf dem Prüfstand mit dem Serienbauteil aus Aluminium-Druckguss verglichen wird. „Bereits in dieser frühen Phase der Technologiebefähigung steht fest, dass das WAAM-Verfahren zu geringeren Emissionen im Produktionsprozess führen kann. Die Bauteile können durch ihr geringeres Gewicht, ihre günstige Materialeinsatzquote und die Möglichkeit, Grünstrom zu verwenden, effizienter produziert werden“, berichtet Jens Ertel, Leiter Additive Manufacturing. Der nächste Entwicklungsschritt auf dem Weg zur Serienreife sind Erprobungen von Bauteilen im Fahrzeug, diese werden bereits in absehbarer Zeit beginnen.
Die Schweißnähte im WAAM-Verfahren sorgen zwar dafür, dass die Oberflächen der Bauteile nicht glatt, sondern leicht wellig ausfallen und in entscheidenden Bereichen fertigbearbeitet werden müssen. Die BMW-Ingenieure konnten aber zeigen, dass WAAM-Bauteile auch ohne Nachbehandlung der Oberfläche für hohe, auch zyklische, Belastungen eingesetzt werden können. Um die Haltbarkeit direkt aus der Fertigung heraus zu gewährleisten, sind optimierte Prozessparameter entscheidend: Die Kombination aus Schweißprozess und Roboterbahnplanung muss optimal aufeinander abgestimmt werden.
Gestaltung mit Generative Design und Algorithmen
Um das Potenzial von im WAAM-Verfahren gefertigten Bauteilen optimal nutzen zu können, ist die Kombination zwischen dem Herstellungsverfahren und einer generellen neuen Gestaltung des Bauteils entscheidend. Dafür wird bei BMW die Nutzung von Generative Design weiter vorangetrieben. Hierbei gestaltet der Computer mithilfe von Algorithmen basierend auf den benötigten Anforderungen optimierte Bauteile. Diese Algorithmen sind unter anderem von evolutionären Prozessen der Natur inspiriert: Wie bei bionischen Strukturen wird in einem ersten Schritt für die Topologie des Bauteils nur das Material verwendet, das wirklich benötigt wird. Und bei der Feinoptimierung im zweiten Schritt wird das Bauteil nur an solchen Stellen verstärkt, wo es notwendig ist. Das führt am Ende zu leichteren und steiferen Komponenten sowie einer höheren Effizienz und einer gesteigerten Fahrdynamik des Fahrzeugs.
Fertigungsverfahren können sich ergänzen
Dabei stehen verschiedene additive Fertigungsverfahren nicht zwangsläufig miteinander im Wettbewerb, sondern sind als Ergänzung zueinander zu sehen. Für höchste Detailauflösung wird etwa das Laserstrahlschmelzen auch künftig Vorzüge gegenüber dem WAAM-Verfahren bieten. In Bezug auf die mögliche Größe des Bauteils und die Auftragsrate ist dagegen das WAAM überlegen. Zunächst plant BMW mit einer zentralen Fertigung von Bauteilen in Oberschleißheim, perspektivisch ist aber auch eine Produktion an anderen Standorten und der Einsatz der Technologie bei Zulieferern möglich. Denkbar wäre zukünftig sogar, einzelne Bauteile mit diesem Verfahren direkt am Montageband zu produzieren und ohne neue Werkzeuge, allein durch Änderungen der Software, verschiedene Teile zu fertigen. Zudem lässt sich auch die Nachhaltigkeit durch vermehrten Einsatz von recycelten Metallen noch weiter steigern.
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