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Prozesse / Technologie

Schweißen von Batteriegehäusen für Plug-in/Hybrid-Autos

Bei NE-Metallen mit niedriger Schmelztemperatur und für metallische Mischverbindungen ist Rührreibschweißen der optimale Prozess. 

Für einen großen Autobauer hat Kuka drei Rührreibschweißzellen erfolgreich in Produktion genommen

Für einen großen Autobauer hat Kuka sein Know-how im Rührreibschweißen – auch als Friction Stir Welding (FSW) bekannt – eingesetzt und bisher drei Rührreibschweißzellen erfolgreich in Produktion genommen. So konnte nicht nur das Wärmemanagement von Plug-in/Hybrid-Batterien optimiert, sondern auch die komplex gestaltete Struktur der Speichergehäuse wirtschaftlich umgesetzt werden. 

Diffizile Angelegenheit: Batteriegehäuse für Plug-in/Hybrid-Fahrzeuge

E-Autos brauchen eine „Wohlfühltemperatur“ – zumindest ihre Batterien. Denn nur wenn sie richtig temperiert sind, bringen sie die optimale Leistung und erreichen die maximale Lebensdauer. Die Batterien müssen daher während des Betriebs gekühlt und bei niedriger Umgebungstemperatur erwärmt werden. Speziell bei Plug-in/Hybrid-Fahrzeugen wird diese Aufgabe von Kühlsystemen übernommen, die in den Boden der Batterieträger integriert sind. Die Fertigung dieser Gehäuse ist äußerst diffizil und bietet daher einen optimalen Einsatz für roboterbasierte Rührreibschweißverfahren.

Das hat auch ein großer Autobauer erkannt, der die Batteriegehäuse zunächst mit Kleben und Schrauben fertigte. Als dieser Prozess jedoch nicht den gewünschten Erfolg brachte, sah man sich auf dem Markt nach einer neuen Lösung um. Die Anforderungen an die Batteriegehäuse sind dabei hoch: Die Ebenheit der Modulmontageflächen, die Dichtigkeit der Endlöcher und die Anforderungen der Drucktests müssen gewährleistet sein. Mit dem roboterbasierten Rührreibschweißen bot Kuka dem Autobauer im Bereich der Plug-in/Hybrid-Fahrzeuge eine prozesssichere und ökonomische Methode, welche die Sicherheit und Funktionalität der Batteriegehäuse garantiert.

Von der Anforderung über Tests bis zur Lieferung hat Kuka den Kunden begleitet. „Wir hatten bereits Prototypen entwickelt und mit diesen verschiedene Tests durchlaufen. In Machbarkeitsstudien haben wir die Schweißeignung geprüft, Erreichbarkeitsanalysen und Prozesssimulationen durchgeführt. Als alle Tests mehr als zufriedenstellend ausfielen, haben wir die Anlage beim Kunden installiert“, erklärt Stefan Fröhlke, Senior Manager Process Solution FSW bei Kuka. Die Rührreibschweißzelle Kuka Cell4 FSW, die speziell für den wachsenden Markt der Elektromobilität entwickelt wurde, bietet aufgrund ihres modularen Konzepts neben herausragender wirtschaftlicher Effizienz ein Maximum an Vielseitigkeit und Konfigurationsmöglichkeiten. 

Vorteile des Rührreibschweißens mit fester Schulter

Um das Kühlsystem der Plug-in/Hybrid-Fahrzeuge zu verschließen, wird mittels Rührreibschweißen das Bodenblech exakt entlang der Kühlkanäle mit dem Gussgehäuse verbunden. Für einen druckdichten Kreislauf, der dem Wechseldruck standhält, werden ein großer Anbindungsquerschnitt und eine gut vermischte und verdichtete Naht benötigt. „Rührreibschweißen hat sich als geeignete Fügetechnologie herausgestellt, da sich die Komponenten durch den Wärmeeintrag möglichst wenig verziehen“, erklärt Fröhlke. Dabei setzt Kuka auf Rührreibschweißen mit fester Schulter (Stationary Shoulder Friction Stir Welding, SSFSW). Das heißt: Anders als beim klassischen Rührreibschweißen rotiert nur der Schweißstift in einer stationären Schulter. So entsteht während der Vorschubbewegung entlang der Schweißnaht eine ebene, glatte Nahtoberfläche. Der Aufwand für die Nachbearbeitung wird so reduziert.

Industrie 4.0: Qualitätsdaten transparent erfassen

Weitere Vorteile für den Kunden durch die Schweißzelle Cell4 FSW: Durch Schwerlastroboter der KR Fortec-Reihe kann dank hoher Steifigkeit und Lebensdauer eine er-höhte Bahngenauigkeit an großen Bauteilen gewährleistet werden. „Gleichzeitig kann der Kunde durch unser Prozesskontroll- und Dokumentationssystem (PCD) alle wesentlichen Prozessparameter nachverfolgen und Qualitätsdaten transparent erfassen lassen“, betont Portfolio-Manager Till Maier. Dadurch hat Kuka eine Basis für die Integration von Industrie 4.0 geschaffen, denn der einfache Datenaustausch mit dem Kuka Remote Service ermöglicht unter anderem schnelle Hilfe und verhindert längere Ausfallzeiten.

Grüne Technologie mit Vorbildcharakter

Das Verfahren ist aber nicht nur ökonomisch und qualitativ hochwertig, sondern gilt auch als grüne Technologie. „Dank geringem Energieverbrauch ist Rührreibschweißen umweltfreundlich, zudem sind keine Rauchgasabsaugung oder Blendschutzmaßnahmen erforderlich“, erklärt Stefan Fröhlke. Diese Kombination aus Qualität, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit hat den Kunden überzeugt.

Die erste Zelle wurde nach einer Prototypen- und Testphase bereits 2016 erstmals in Deutschland in Produktion genommen und dient seither als Blaupause für weitere Zellen im Konzern. Im Rahmen der Erweiterung der Rührreibschweißkapazität hat der Autobauer die Prozessverantwortung neu strukturiert und an sein Tochterunternehmen nach Schweden abgegeben, das dafür speziell eine neue Halle gebaut hat. In diesem Zuge wurden zwei weitere Rührreibschweißzellen bei Kuka bestellt.

Die erste Zelle zog im September 2020 nach Schweden um, im Mai 2021 erfolgte die Vorabnahme der zwei neuen Cell4 FSW-Zellen in Augsburg. Schon zwei Monate später, im Juli 2021, konnten die beiden Zellen beim Kunden in Betrieb genommen werden. Die Verbesserungen gegenüber der ersten Zelle beeindruckten alle Beteiligten: Durch die Automatisierung des komplexen Hydraulikspannsystems konnte die Gesamttaktzeit inklusive Bauteilhandling von vorher 20 auf nun 15 Minuten gesenkt werden, gleichzeitig verbesserte sich durch die Optimierung des Spannsystems die Qualität des Produkts. 

Hohe Erwartungen – große Zufriedenheit

Die Anforderungen an die sicherheitskritischen Bauteile der Batteriegehäuse waren extrem hoch: Die Naht musste einem sehr hohen Berstdruck standhalten können, was ein Festigkeitstest zu belegen hatte. Spezielle Spannvorrichtungen und Schweißwerkzeuge mussten zusammen mit den Schweißparametern neu entwickelt werden. Das war ausschließlich mit der FSW-Technologie umsetzbar, da unterschiedliche Aluminiumlegierungen (Knetlegierung an Al-Druckguss) zu schweißen waren. 

Zudem war eine schnelle Lieferung innerhalb von sechs Monaten die Bedingung für die Auftragserteilung. Dank der Expertise von Kuka in diesem Bereich konnten alle Anforderungen erfüllt werden. So äußerte der Kunde größtmögliche Zufriedenheit: „Die Zusammenarbeit war sehr offen, vertrauensvoll und zielgerichtet“, betonte Projektleiter Adel Ben Hassine, Sales and Proposal Engineering bei Kuka, „und der Kunde war überrascht, wie schnell die Umsetzung erfolgte.“ 

Außerdem ließ sich ein Nutzen in punkto Nachhaltigkeit erreichen: „Die Werkzeuge wurden mit dem Kunden zusammen so weiterentwickelt, dass sich die Lebensdauer der Pins inzwischen verdoppelt hat.“

 

Die Anforderungen an die sicherheitskritischen Bauteile der Batteriegehäuse sind sehr hoch: Die Naht muss einem sehr hohen Berstdruck standhalten.
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